1 BGE 83 IV 151 - Bundesgerichtsentscheid vom 11.07.1957

Entscheid des Bundesgerichts: 83 IV 151 vom 11.07.1957

Hier finden Sie das Urteil 83 IV 151 vom 11.07.1957

Sachverhalt des Entscheids 83 IV 151

Ein Urteil des Kassationshofes vom 11. Juli 1957 i.S. Kollbrunner gegen Merk und Christen, in dem der Beschwerdeführer wegen einer Beschimpfung wegen unmittelbarer Provokation verurteilt wurde. Der Richter hatte den Täter von Strafe befreien, weil die Beschimpfung durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben hatte und unmittelbar auf die Provokation erfolgt war.

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Details zum Bundesgerichtsentscheid von 11.07.1957

Dossiernummer:83 IV 151
Datum:11.07.1957
Schlagwörter (i):Beschimpfung; Provokation; Kollbrunner; Verhalten; Christen; Täter; Urteil; unmittelbar; Vetter; Prozessgegner; Sinne; Erwägungen; Richter; Beschimpfte; Anlass; Unmittelbarkeit; ührliche; Überlegung; Ausdruck; ührt; überlegt; Reaktion; Brief; Urteilskopf; Auszug; Kassationshofes; Regeste; Sachverhalt; Tatbestand:; ässlich

Rechtsnormen:

Artikel: Art. 177 StGB , Art. 63 StGB

Kommentar:
-

Entscheid des Bundesgerichts

Urteilskopf
83 IV 151

40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Juli 1957 i.S. Kollbrunner gegen Merk und Christen.

Regeste
Art.177Abs.2 StGB.
Wann ist eine Beschimpfung "unmittelbar" auf eine Provokation erfolgt?

Sachverhalt ab Seite 151
BGE 83 IV 151 S. 151
Aus dem Tatbestand:
Kollbrunner geriet anlässlich seiner Ehescheidung mit seinen bisherigen Freunden Merk und Christen in Streit. In der Folge führte jede Seite gegen die andere einen Ehrverletzungsprozess. Im zweiten dieser Verfahren machte ein Vetter Kollbrunners eine für dessen Prozessgegner günstige Zeugenaussage. Am folgenden Tag richtete Kollbrunner ein Schreiben an seinen Vetter, worin er dessen Stellungnahme tadelte und Merk und Christen unter Hinweis auf deren Machenschaften als "Schufte" bezeichnete. Kollbrunner wurde wegen dieses Ausdrucks der Beschimpfung schuldig erklärt und zu einer Busse verurteilt. Mit Nichtigkeitsbeschwerde beruft er sich unter anderem darauf, im Verhalten seiner Prozessgegner liege eine Provokation im Sinne des Art. 177 Abs. 2 StGB.

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Gemäss Art. 177 Abs. 2 StGB kann der Richter den Täter von Strafe befreien, wenn der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben hat.
Voraussetzung der Strafbefreiung ist, dass die Beschimpfung durch ein verwerfliches Verhalten des Beschimpften hervorgerufen wurde und dass sie unmittelbar auf die Provokation erfolgt ist. Das Merkmal der Unmittelbarkeit ist zeitlich zu verstehen, und zwar in dem Sinne, dass der Täter in der durch das ungebührliche Verhalten erregten Gemütsbewegung handelt, ohne dass er Zeit zu ruhiger Überlegung hat. Der französische und italienische
BGE 83 IV 151 S. 152
Text, der im Gegensatz zum deutschen das Wort unmittelbar ("immédiatement", "immediatamente") nur in Abs. 3 verwendet, in Abs. 2 hingegen den Ausdruck "directement" bzw. "direttamente" gebraucht, führt zu keiner andern Auslegung. Hätte sich der Gesetzgeber auf das Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen Provokation und Beschimpfung beschränken wollen, wie der Beschwerdeführer annimmt, so hätten im deutschen Text schon die Worte "Anlass gegeben" genügt. Aus dem Wort "unmittelbar" muss geschlossen werden, dass mehr als das verlangt werden wollte. Darauf weist vor allem auch die Überlegung, dass die Ermächtigung des Richters, den Täter von Strafe zu befreien, kaum anders gerechtfertigt werden kann, als insbesondere dadurch, dass der Provozierte in einem Erregungszustand gehandelt hat und deshalb für seine Tat nicht voll verantwortlich erscheint. Wird die Tat überlegt begangen, so bieten Art. 63 und 64 StGB genügend Raum, der Provokation bei der Strafzumessung angemessen Rechnung zu tragen. Es wäre auch nicht einzusehen, weshalb in Abs. 2 die Unmittelbarkeit nicht gefordert sein sollte, während im Fall der Retorsion (Abs. 3), welche ebenfalls eine Provokation - in Form einer Beschimpfung - voraussetzt, die Reaktion eine unmittelbare sein muss, damit Straflosigkeit eintreten kann.
Dass der Brief des Beschwerdeführers unmittelbare Reaktion auf das Verhalten seiner Gegner gewesen sei, wird mit Recht nicht geltend gemacht. Der Beschwerdeführer hat in der Untersuchung selber erklärt, er habe den Brief ruhig und überlegt, nicht im Affekt geschrieben. Somit kann er sich nicht auf Art. 177 Abs. 2 StGB berufen.

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